Bauherr | Braunger Wörtz Architekten GmbH |
Bauzeit | 2017-2019 |
BGF | 618 m² |
BRI | 2.196 m³ |
HOAI | Architektur Leistungsphase 1-9 |
Freianlagen Leistungsphase 1-9 | |
Projektteam | Lars Plugge / Wolfgang May / Steffen Moik |
Dorothea Steffen / Stefan Guter / Sarah Röder | |
Auszeichnung | Hugo-Häring-Auszeichnung 2020 BDA Ulm Donau Iller |
Sanierungspreis 2023 Anerkennung |
Von der Transformation einer verfallenden Industriebranche zur Architekturwerkstatt
Zur Jahrhundertwende des 19./20. Jh. wurde im Kleinen Lautertal nahe Ulm der Abbau des hochwertigen „Ulmer Weiß“ gefördert. Für die Terrazzo-Herstellung hatte man hierfür im industriellen Zeitalter ein Werk zur Sortierung und Aufbereitung verschiedener im Tal am Fuß des Schlosses Oberherrlingen gebaut. Nachdem in den 1990er Jahren das Vorkommen des hochwertigen Gesteins abgebaut war, wurde das Werk rückgebaut, der Steinbruch aufgefüllt und renaturiert.
In der Mitte des Tales, direkt am Lauf der kleinen Lauter gelegen, verblieben zwei Gebäude: das Verwaltungsgebäude mit der Wohnung des Sprengmeisters aus den 1920er Jahren, genannt „Kontorhaus“ sowie das Gebäude für Sortierung und Aufbereitung des Steinmaterials.
Angetrieben von der Vision, diesen besonderen Ort einer neuen gewerblichen Nutzung, wurden die verbliebenen Gebäude individuell in ihrer Substanz untersucht, die Qualitäten im Hinblick auf eine künftige Nutzung herausgearbeitet und jeweils ein Konzept für Erhalt, Sanierung und „Weiterbauen“ erarbeitet.
Das Gebäude der ehemaligen Schüttgutanlage, konserviert durch eine neue Hülle, die den historischen Altbau umschließt, wurde mit den gleichen ortstypischen Materialien (Holz, Kalkstein, Beton) ergänzt, die vom Bestandskörper vorgegeben waren. Die vom Staub des gebrochenen Kalkgesteins aufgehellte Holzkonstruktion mit historische Boden-Deckelschalung im Obergeschoss wurde durch eine neue, mit Holzwolle gedämmte Fassade aus regionaler Weißtanne umschlossen, im inneren Sichtbar belassen.
Die im Erdgeschoss befindlichen Schüttgutboxen als rohe Betonstruktur, mit Verfärbungen, Abplatzungen und Kiesnestern wurden mit einer rauen Sichtbetonstruktur ergänzt. Boden- und Wandbeläge wurden aus natürlich belassenen, unbehandelten Werkstoffen erstellt.
Auf einer Nettofläche von 675m² ist aus einer Industriebrache eine Architekturwerkstatt mit 35 Arbeitsplätzen, Besprechungs- und Sozialräumen, Bibliothek, flexiblen Kommunikationsbereichen, Modellbau und Werkstatt geworden. Durch diese Maßnahmen wird der historische Zeitzeuge nachhaltig bewahrt und die Idee einer historischen und ökologischen Konversion in einer lebenswerten Arbeitswelt formuliert. Einfach und zurückhaltend gesellt sich der Zeitzeuge in den Naturraum des Kleinen Lautertales.